Четвертою країною, куди з Чехії вирушили вірші перекладацького проекту «Wordyssey», стала Німеччина. Радо підтримав проект і потурбувався про оновлений вигляд п’ятьох українських поезій німецький перекладач, критик та журналіст Андреас Третнер, інформує портал litfest.
Андреас Третнер (Andreas Tretner, 1959) – німецький літературний перекладач із російської (Віктор Пєлєвін, Владімір Сорокін та ін.), болгарської (Yordan Radichkov, Peyo Yavorov, Christo Karastoyanov) і чеської (Josef Skvorecky, Jachym Topol, Josef Capek). Редактор, критик, журналіст, співзасновник Radio Blau та Community Radio в Ляйпцигу. Проживає в Берліні.
Andreas Tretner (1959), German literary translator from Russian (Victor Pelevin, Vladimir Sorokin, Mikhail Shishkin et al.), Bulgarian (Yordan Radichkov, Peyo Yavorov, Christo Karastoyanov) and Czech (Josef Skvorecky, Jachym Topol, Josef Capek). Editor, Critic, Journalist, Co-Founder of Radio Blau, Community Radio in Leipzig. Lives in Berlin.
Marijana Kijanovska
DIPTYCHON (Miłosz gewidmet)
wenn doch die stadt, wo alles anfing
nur eine stadt wäre
ort und
nicht anlaufpunkt
nicht unmengen fotografien
von gesichtern und gesichtslosem
wenn der wind, wenn der schnee
wenn olive und zitrone
wenn kaffee und wein
wenn all das, was ausnahmslos
die mitte des buches verdeckt
keine flecken hinterließe
zum beispiel auf der haut oder auf dem pflaster
indem wir schatten werfen
wenn das vergangne nur vergangen wäre
oder mehr als vergangen
mehr als das
dann wäre der dichter nur ein dichter
oder mehr als ein dichter
mehr als nur der
ginge auf und unter
auf und unter
auf und unter
und immer so fort
der tod als sonne zwischen den zeilen
wie auch dahinter
und vogel vernunft
wäre nicht im nest noch im käfig
nicht im bart noch im auge
nicht in der hand noch im mund
sondern irgendwo drinnen
im innern
zuinnersten
fußläufig
flugunfähig
stünde auf, setzte sich nieder
und immer so fort
Serhij Zhadan
LIEBE BIS IN DEN TOD
Weißt du noch, dieses verdächtige Haus?
Da wohnten trostlose Zombies.
Erst dieses Drunter und Drüber, Schlafen auf Stühlen
und in Wannen, etliche elende Hotelnächte,
und jetzt deine Hand am nackten Ziegel,
seiner Wärme, seiner Dicke,
echte Lehmziegel.
Weißt du noch, der Alte? Wir trafen ihn auf der Treppe.
Gegen die Wand gedrückt, damit wir vorbei konnten,
totenstarr, misstrauisch glotzend.
Jeder deiner Bewegungen folgend,
geblendet vom Strahlen
deiner Porzellanknöchel, wie sie aufglänzten
in den Säulen aus Licht und Staub,
von der Süße deiner hitzeschleudernden Knie.
Der Wachtmeister, der uns aufsuchte in dieser Sache, war misstrauisch und ungläubig,
als er fragte: „Wie kann das sein? Einen Monat! Einen ganzen Monat!
Bemerkten Sie sein Verschwinden denn nicht? Dass er nicht auftauchte? Einen Monat lang?“ –
„Nein, wirklich nicht“, rechtfertigte ich mich, „es war der schönste Monat meines Lebens.“ –
„Und der Geruch?“ beharrte der Wachtmeister. „Der Geruch fiel Ihnen nicht auf?“ –
„Nein, wieso“, hielt ich dagegen, „das Leben riecht manchmal auch nicht anders.“ –
„Wissen Sie, dass er im Bett gestorben ist? Gerade über Ihrem Kopf? Eingesogen von der Matratze,
breitgelaufen auf den Dielen. Fehlte nicht viel, und er wäre Ihnen von der Decke getropft.“
Vor dem Fenster fing damals ein unbeschreiblicher Sommer an,
das Radio brachte bittere Berichte,
und wäre ich fähig gewesen zu sterben, der Tod hätte mich beim Nachrichtenhören ereilt.
Du hast mein Herz ergriffen, als es stillstehen wollte, und Hoffnung nachgefüllt,
damit es unter deinen Händen wieder zu schlagen begänne.
Was sagt einer, der sich umsieht nach dir?
Was kann einer sagen, der dich erblickt?
Dich lieben bis in den Tod.
Ich werde dich lieben bis in den Tod.
Den wir gewärtigen, damit wir uns emporschwingen können
oder hinabvertiefen in die Finsternis der Tunnel und Grotten.
Mach weiter, Zombie, klappere mit den Knochen,
besinge den Tod, beklimpere ihn
auf deinem zerdroschenen Banjo.
Singe von dem, was du besser weißt als jeder andre.
Die Zeit ist nicht Herr über uns, unser Gesang vertreibt sie.
Selig schwappt die Liebe in der hohlen Hand,
mit der wir täglich die Blumen gießen
auf unseren Gräbern.
Bohdana Matijasz
die welche lieben sich sehnen schau nur wie schön sie sind
scheu wie das erste morgenlicht
und wie tauben so zutraulich
die welche lieben sieh doch wie freigiebig sie sind
und wie bereitwillig sie annehmen was ihnen über den weg läuft
sieh diese hände voller schätze
diese haut diese augen die helle freude
im seligen lächeln die ruhe
so friedfertig wie ein leichter sommerwind
die welche lieben sind wie delphine
die aus dem wasser schnellen im arglosen übermut
wellenringe streuen hundertfach
mit licht um sich werfen
es lehrt uns zu danken für alles was ist und alles was nicht ist
es lehrt uns sanftmütig und vertrauensvoll näherzutreten
sich wieder zurückzuziehen ohne umschweife
so wie am abend allmählich das licht erlischt der vogel verstummt
so wie das wasser der erde zufließt und wieder auftaucht
Ostap Slyvynskyj
ETWAS DA VORNE WAR IMMER AM LEUCHTEN
Etwas da vorne war immer am Leuchten –
und eine Landmarke war das nicht,
kein Signal von Verirrten,
keine Feuersbrunst, keine Warnbake,
niemandes Behausung,
auch niemandes Jagd oder Krieg,
der hierzulande dauern kann,
nicht Mensch noch Tier,
kein dürrer Baum,
der in sein eignes Fegefeuer fiel,
unverwüstlich wie die Seele im Leuchtkörper, nicht
Aufforderung noch Einflüsterung, nein,
etwas,
das solidarisch ist mit uns Ausweglosen,
trostlos, wenn wir untröstlich sind,
gelassen, sofern wir uns dreinschicken in den Verlust.
Bitten und Flehen gegenüber taub,
in Kriegs- wie in Friedenszeiten,
unruhig nichtsdestoweniger, wenn
unser Schweigen zu lange anhält.
Leuchtend gleichermaßen
für kleine Kontinentalfürsten und die,
die von ihnen die Treppen hinabgehetzt werden.
Kurzsichtig und bedächtig
wie greise Mütter.
Und keine Hoffnung, das
kommt schon mal vor,
es gibt keine Hoffnung,
das ist nun mal so.
Oleh Liseha
LIED 555
Eh es zu spät ist: geh mit dem Kopf durch das Eis!
Eh es zu spät ist: geh mit dem Kopf durch das Eis!
Brich durch, entrinne!
Dann hat die wunderbare Welt dich wieder!
Der Karpfen ist das gerade Gegenteil,
er strebt in die Tiefe, gründelt umher.
Der Karpfen ist dazu da,
dass man ihn früher oder später fängt.
Du aber bist Mensch und gehörst nicht in den Kescher.
Karpfen sind anders: Jahrhunderte im Schwarm.
Abtauchen in Sandbänken, dunkel und scheu,
um am anderen Ende wiederaufzutauchen.
Und unsere Zeit, schwimmt sie nicht seit Ewigkeiten hinterher?
Eine Flosse streift die andere … Weg ist sie!
Fühlst du dich alleingelassen? Du bist doch ein Mensch!
Nur nicht verzagen – du kommst allemal durch.
Eh es zu spät ist: Geh mit dem Kopf durch das Eis!
O du uferlose eingeschneite wunderbare neue Welt.
Вірші українською ви можете знайти за цим посиланням: http://litfest.ru/news/2012-12-17-2401
Мандрівка української поезії триває. Вірші вирушають у нову пригоду, на зустріч із новою країною та новим перекладачем…
Читайте також:
1-ша країна, 1-ший перекладач: Богдан Задура, Польща
2-га країна, 2- гий перекладач: Іштван Ковач, Угорщина
3-тя країна, 3- тій перекладач: Люція Шимановська, Чехія
Улюблений сайт літературної критики